Gartenpause
- Sheila
- 9. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
...oder die Kunst der Gelassenheit

Heute gönnte ich mir eine lange Biketour. Alle meine Sinne waren offen. Ich sah die Farben des Herbstes, hörte das Rascheln der Blätter, roch den feuchten Erdduft und fühlte die Natur mit jeder Faser. Ich fühlte mich verbunden mit der Natur, wach und weit offen.
Doch während ich so radelte, fiel mir auf, wie in vielen Gärten gemäht, geschräddert und gehäckselt wurde. Laub wurde zusammengekehrt, verblühte Pflanzen bodeneben abgeschnitten, Beete ordentlich „eingewintert“. Plötzlich spürte ich einen Stich im Herzen. Es war, als würde man der Natur einen Kaiserschnitt verpassen. Alles muss rechtzeitig gemacht sein, lieber zu früh als zu spät. Kein Platz für Zufall, kein Raum für Wildheit.
Doch eigentlich ist dieses Einwintern gar nicht für die Natur. Es ist nur für die Gartenbesitzer, die sich damit eine Erlaubnis für eine Gartenpause geben. Wenn alles gemacht ist, darf die Terassentür geschlossen bleiben. Dann gibt es nichts mehr zu tun, kein schlechtes Gewissen, keine unerledigten Aufgaben und sie dürfen mit einem guten Gefühl drinnen in der Wärme bleiben.
Aber was wäre, wenn auch du einmal alles stehen lässt? Wenn das Verblühte bleiben darf und das Laub liegen bleibt? Dann hätten Vögel, Igel, Insekten und all die kleinen Gartenwesen ihre wahre Freude. Die Pflanzen hätten einen natürlichen Kälteschutz, oder wie ich gerne sage, ein bisschen „Speck auf den Rippen“, um den Winter gut zu überstehen.
Viele meinen, der Schnee würde dann alles plattdrücken. Ja, vielleicht. Aber dieses „Alles“ wäre ohnehin dürr und verwelkt und wird im kommenden Frühling sowieso geschnitten. Also ist das kein Argument.

Und ganz ehrlich, für mich als Fotografin bietet der Garten im Winter unzählige Fotosujets. Was für ein Geschenk, wenn der Frost seine Kunst zeigt. Wenn vereiste Blüten, silbern überzogene Gräser und Spinnweben mit glitzernden Tropfen zu kleinen Wundern werden. Dann zeigt sich der Garten in seiner stillsten und vielleicht schönsten Form, nicht fertig, sondern lebendig in der Ruhe.
Genau so, wie ich mich bereits im Februar auf das erste Grün freue, freue auch ich mich nach all den intensiven Monaten voller Gartenarbeit auf den Winter und die Gartenpause. Denn auch diese Zeit gehört dazu. Sie ist kein Ende, sondern ein Teil des Kreislaufs. Mein Garten darf seit einigen Jahren naturpur in den Winter gehen. Ungeschnitten, mit liegendem Laub, mit all dem Verblühten, Verdorrten, das noch Schutz und Nahrung schenkt. So, wie er ist; echt, lebendig, unaufgeräumt und wunderschön.
Versuch es doch mal selbst. Lass deinen Garten in seinem natürlichen Lauf sich selbst regulieren und nutze die Zeit für anderes oder einfach für eine feine Tasse Tee. Vielleicht ist es genau das, was uns die Natur lehren möchte: Gelassenheit. Vertrauen. Die Schönheit im Unvollkommenen zu erkennen.
Denn alles in der Natur hat seinen eigenen Rhythmus und sie regelt es auf ihre ganz eigene, wunderbare Weise.
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